Veröffentlicht von Stephan Heibel am 27.04.2009 um 14:53 Uhr

Börsenanalyse: Aufweichung von Mark-to-Market Regel schenkt den Banken wichtige Zeit

[caption id="" align="alignnone" width="440" caption="Würden Sie bitte etwas näher auf Ihre Aussage '...und dann passierte etwas Schlimmes' eingehen?""][/caption] Vor wenigen Jahren wurde eine strengere Bilanzierung weltweit eingefordert. Eine der Neuerungen aufgrund dieser Forderungen war die Bilanzierungsregel "Mark-to-Market" - "Nach Marktpreisen bewerten". Diese Regel besagt, dass Vermögenswerte in der Bilanz von Banken stets nach den aktuellen Marktpreisen bewertet werden müssen. In der jüngsten Finanzkrise gab es jedoch teilweise Liquiditätsengpässe: Für einige Vermögenswerte, in unserem Fall insbesondere Immobilienderivate, konten keine Käufer gefunden werden. Obwohl diese Immobilienderivate einen rechnerischen Wert hatten, der, unter Berücksichtigung der Ausfallquoten und erzielbaren Preise bei Zwangsversteigerungen, beispielsweise bei 75% des Nominalwertes lag, wollte niemand diese Immobilienderivate in seinen Bestand nehmen, weil man eben "unüberschaubare" Risiken befürchtete. Das unüberschaubare Risiko, das sich als wahr herausstellte, war die Notwendigkeit, diese Immobilienderivate zum letzten gehandelten Marktpreis zu bilanzieren. Wenn also im Rahmen der Lehman-Pleite eine ganze LKW-Ladung dieser toxischen Papiere liquidiert wurde, also verkauft wurde, egal welcher Preis geboten wurde, dann kommen eben auch Preise zustande, die teilweise lediglich 30% des Nominalwertes ausmachen. Obwohl also unter Berücksichtigung aller Katastrophen aller Wahrscheinlichkeit nach 75% des Wertes abgesichert waren, konnten unter Zeitdruck und vor dem Hintergrund der Liquiditätsprobleme aller Marktteilnehmer teilweise nur Preise von 30% des Nominalwertes realisiert werden. Aus diesem Vorgang folgte, dass ALLE Banken, die ähnliche Immobilienderivate im Bestand hatten, diese umgehend mit 30% des Nominalwertes zu bilanzieren hatten. Dabei war es egal, ob die Banken eigentlich in der Lage sind, die Krise auszusitzen und zu warten, bis die planmäßigen Zins- und Tilgungszahlungen eingehen. Die entsprechenden Papiere mussten umgehend mit dem zuletzt gezahlten Marktpreis bewertet werden. Nun können Sie sich vorstellen, dass da einiges an Abschreibungen vorzunehmen war, wie wir Ende 2008 gesehen haben. Und wenn eine der Banken eben nicht ausreichend Gewinne aus anderen Geschäften erzeugte, um diese Abschreibungen zu finanzieren, dann geriet eben auch diese Bank in Liquiditätsschwierigkeiten. Und so entstand der Teufelskreis, der alle Banken hätte mit in den Abgrund reißen können, wenn die Mark-to-Market Regel nicht aufgeweicht worden wäre. Durch die Aufweichung steht es Banken nun frei, vorübergehend diese Regel zu ignorieren, sofern ein besonderer Grund dafür besteht (wie beispielsweise aufgrund eines illiquiden Marktes offensichtlich zu niedrige Preise). Die Zeiten der großen Abschreibungen sind damit vorerst vorbei, die Bilanzen der Banken werden sich in den nächsten Quartalen immer weiter verbessern. Und wenn dann im zweiten Schritt auch der Markt der Immobilienderivate wieder liquide wird, dann dürfen wir dort mit dem Gegenteil von Abschreibungen rechnen: Mit außerordentlichen Gewinnen! Na, und wenn dann noch der Immobilienmarkt der USA selbst anspringt, und eben nicht die hohen Ausfallquoten eintreten, wie sie von Chaosvertretern errechnet wurden (Obama hat ja schon eine Reihe von erfolgreichen Programmen umgesetzt, um die Zahl der Zwangsversteigerungen zu reduzieren, sprich Problemfällen zu helfen), dann dürfen die Banken ihre Immobilienderivate noch weiter aufwerten. Mit anderen Worten: Banken steht eine lange Rallye bevor.{weiter[40|9]}

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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