Veröffentlicht von Stephan Heibel am 20.01.2012 um 14:38 Uhr

Absicherungsstrategien der Vermögensanlage

[caption id="attachment_1920" align="alignleft" width="300" caption="Vermögenssicherung"]Vermögenssicherung[/caption] Lieber Herr Heibel, mit einem Einsatz von 200 000,00€ im letzten Jahr musste ich einen Verlust von 20% verbuchen. Das führte zu meinem Entschluß, mein Abo bei Ihnen zu kündigen und meine Aktivitäten einzustellen. Nach reiflicher Überlegung würde ich beide Entscheidungen zurücknehmen. Dazu brauche ich Ihren Rat. Der Hauptgrund für die Verluste lag darin, daß der DAX aus politischen Gründen verrückt spielte. Das aber kann (und wird) in diesem Jahr wieder passieren. Wie kann ich mich mit Optionsscheinen, Turbos oder womit auch immer gegen solche Einschläge absichern und wie rechnet sich das? Wenn Sie mir da mit Ihrem Rat eine gangbare Perspektive aufzeigen könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar und würde weitermachen. Natürlich erwarte ich nicht, daß Sie mir bestimmte Papiere nennen. Nur was man machen könnte/müßte. Mit lieben Grüßen, Herbert aus Hamburg   ANTWORT: Wenn Sie fallende Kurse erwarten, würde ich ein paar Aktien verkaufen. Auf keinen Fall würde ich mit Optionsscheinen oder anderen abenteuerlich konstruierten Finanzprodukten (Turbos!) spekulieren, um meinen Depotwert abzusichern. Diese Instrumente sind für institutionelle Anleger, deren Hände für den Verkauf häufig gebunden sind (zu große Positionen!). Sie als Privatanleger unterliegen diesen Einschränkungen nicht, und wenn Ihnen ein Wert nicht gefällt, dann verkaufen sie ihn einfach. Auch ich werde in diesem Jahr wohl das eine oder andere mal mit Optionsscheinen hantieren, doch nicht um das Depot abzusichern, sondern als spekulative, hochriskante Komponente im Portfolio und nur mit einem sehr kleinen Betrag. "Absicherung" kostet Geld und ist unterm Strich die Garantie dafür, dass Sie schlechter abschneiden werden als der DAX. Meine "Absicherungsstrategie" besteht für das Jahr 2012 darin, dass ich wie angekündigt verstärkt Dividendentitel auswählen werde, also Aktien mit einer Dividendenrendite von mindestens 3,5%. Natürlich muss ich dabei analysieren, ob die Dividende auch nachhaltig vom Unternehmen gezahlt werden kann, das ist meine Aufgabe. Grundsätzlich werden diese Aktien in meinen Augen weniger stark ausverkauft und erholen sich anschließend schneller. Auch werde ich wieder ein paar Unternehmensanleihen auswählen von Unternehmen, deren Rating von Ratingagenturen schlechter dargestellt wird als das von einigen Euroländern, deren Bilanz in meinen Augen jedoch deutlich besser aussieht. Insbesondere auf HeidelbergCement trifft das noch immer zu. Grundsätzlich glaube ich, dass 2012 ein recht gutes Börsenjahr wird, da nun die Hilfsmechanismen greifen. Erst später, 2013 oder danach, könnten sich wieder Probleme auftun, die durch nicht sauber durchdachte Hilfsmaßnahmen erzeugt wurden. Doch in diesem Jahr erwarte ich erst einmal eine Beruhigung und daher eher steigende Kurse. Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein paar Denkanstöße liefern und würde mich freuen, wenn Sie weiter an Bord des Heibel-Tickers bleiben :-) Freundliche Grüße, Stephan Heibel   RÜCKFRAGE: Lieber Herr Heibel, Ihre Meinung über die Absicherung mit Optionsscheinen leuchtet mir ein, nimmt mir aber die eigene Akzeptanz zum Weitermachen. Auch wenn Sie eine gute Erwartung für dieses Jahr haben ( das hatten Sie Anfang letzten Jahres auch) ist ein ähnliches Katastrophenszenario nicht auszuschließen. Vielleicht könnte ich dem mit einem vernünftigen Stop/Loss System begegnen, aber ich habe davon keine Ahnung. Wo bekomme ich Informationen über z.B. Widerstände bei der Allianz oder anderer DAX Werte? Was halten Sie überhaupt von dieser Idee? Für Ihre freundliche Antwort danke ich, auch ich würde mich freuen, wenn ich einen Weg zum Weitermachen finden würde. Liebe Grüße, Herbert aus Hamburg   ANTWORT: Auch auf die Gefahr hin, dass ich Sie als Kunden nun tatsächlich verliere, so will ich Ihnen dennoch ehrlich antworten: Es gibt in diesen Zeiten in meinen Augen keine "sichere" Methode, sich gegen Verluste abzusichern, es sei denn Sie bleiben immer am Ball. Auch Stopp Loss Marken, die fest ins System eingegeben sind, finde ich nicht gut. Schauen Sie sich mal den Tagesverlauf vom 13. Mai 2010 an, den Tag des "Flash-Crashs": Damals sind die Kurse binnen weniger Minuten um 10-15% eingebrochen, sämtliche Stopp Loss Aufträge wurden aktiviert und so entstand ein Angebot an Aktien, das so schnell vom Markt nicht aufgefangen werden konnte. Ausgelöst wurde der Flash Crash angeblich durch einen versehentlich eingetragenen großen Verkaufsauftrag, dessen Umsetzung und dadurch erzeugten kleinen Kursverluste die automatischen Handelssysteme dazu brachte, ihre Bestände auf den Markt zu werfen. So ziemlich alle Stopp Loss Aufträge wurden an diesem Tag ausgeführt, meist zu Kursen mit einem Minus von 10-15%. Als Menschen diesen Vorfall bemerkten und entsprechend reagieren konnten (Kaufen!), stabilisierten sich die Kurse und am Abend betrug das Minus nur noch 2,x%. Das Resultat: Wer mit Stopp Loss Orders arbeitete verzeichnete nach diesem Tag einen heftigen Verlust. Was ich stets tue, ist: Ich "merke mir Stopp Loss Marken vor". Ich schaue also insbesondere in die Charttechnik und notiere mir die wichtigsten Marken, die mir auffallen. Wenn diese Marken erreicht werden, erhalte ich eine Benachrichtigung und kann mir die Situation anschauen. Meist trifft der Spruch zu: "Bei Erreichen: Streichen!" :-) Doch nicht selten leite ich daraus dann aber auch meine Handlung ab und kaufe nach oder verkaufe eben. Doch das ist dann eine Entscheidung, die ich in der entsprechenden Situation treffe. Also: Stopp Loss Marken als Hinweis, sich mit der Aktie zu beschäftigen, finde ich gut. Stopp Loss Marken, die bei Ihrer Bank automatisch eine Order auslösen, finde ich gefährlich. Es bleibt also dabei, dass Sie am Ball bleiben müssen, tut mir leid. Eine andere erfolgsversprechende Vorgehensweise habe ich noch nicht entdeckt (suche natürlich händeringend danach, denn auch ich träume vom automatischen Reichtum). Doch derzeit halte ich meine Vorgehensweise für die Beste. Alternativ müssen Sie die Gebühren für Fondsmanager oder Vermögensverwalter in Kauf nehmen, denen Sie Ihr Geld geben können. Oder Sie lassen das Anlegen am Wertpapiermarkt und nehmen in Kauf, dass Ihr Vermögen ein wenig durch die Inflationsrate aufgezehrt wird. Wenn das Geld verdienen an der Börse so einfach wäre, würden es viel mehr machen und Deutschland bestünde nicht mehr aus vielen Ingenieuren sondern aus Spekulanten ;-) Freundliche Grüße, Stephan Heibel {weiter[40|9]}

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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