Ich hatte bereits letzten Mittwoch für meine Heibel-Ticker PLUS Abonnenten mein Update 19/20 verfasst, in dem ich alle wichtigen Entwicklungen wie Iran, Brexit, Amtsenthebung, China und TUI bzw. Reiseveranstalter kommentierte. Dieses Update stelle ich jetzt hier unten kostenlos frei zugänglich zur Verfügung.
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Liebe Börsenfreunde,
gestern war ein denkwürdiger Tag, ich habe ihn mir rot im Kalender markiert. Keine Ahnung, ob auch sie gestern einige Überraschungen erlebt haben, ich beschränke mich hier mal auf die börsenrelevanten Ereignisse:
Frankreich, Italien und Deutschland beschuldigen nun auch den Iran, für den Drohnenangriff auf die saudischen Ölfelder verantwortlich zu sein. Damit stellen sie sich hinter Donald Trump und die USA. Beweise wurden nicht geliefert.
Ich halte diesen Schritt für extrem gefährlich: Heute ist der iranische Präsident Hassan Rohani in New York und stünde somit jedem der drei Regierungschefs zur Verfügung. Angela Merkel behauptet, die wolle die Situation mit dem Iran deeskalieren, doch das beste Deeskalationmittel, ein persönliches Gespräch, verbaut sie sich mit einer Vorverurteilung wenige Stunden vor der Gesprächsmöglichkeit.
Jetzt, wo neben den Briten auch die anderen drei europäischen Schwergewichte voll auf US-Linie sind, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis ein weiterer Vorfall „vergolten“ werden muss. Sämtliche wirtschaftlichen Mittel, Sanktionen, Einfrieren von Geldern, etc., sind bereits erschöpft. Die nächste Eskalationsstufe ist … Krieg?
Für die Börse bedeutet also: Iran = sehr gefährlich
Die Zwangspause des britischen Parlament wurde gestern als gesetzeswidrig erklärt, schon heute tagt das Parlament wieder. Das Vorhaben Boris Johnsons, einen harten Brexit (ohne Backstop für Irland) zu erzwingen, ist damit gescheitert.
Wir dürfen uns nun also auf turbulente Wochen bis Ende Oktober einstellen, bis entweder ein erneuter Antrag auf Fristverlängerung gestellt wird, oder aber die Briten einfach nur im eigenen Chaos untergehen.
Für die Börse bedeutet also: Brexit = sehr gefährlich
Am Freitag Nachmittag brachen die US-Börsen plötzlich ein. Grund war der Auftritt einer Sprecherin einer Agrar-Interessenorganisation aus Montana. Sie teilte der Welt mit, dass die chinesische Delegation ihren Besuch in Montana abgesagt habe. China hatte ursprünglich zugesagt, Agrarprodukte von den USA zu kaufen. Doch nun kommen sie im Vorfeld der nächsten Verhandlungsrunde nicht einmal in die USA um sich anzuschauen, was sie da kaufen sollen? Es wurde als Zeichen gewertet, dass China kein gesteigertes Interesse an einem guten Verlauf der Verhandlungen hat.
Als Donald Trump am Sonntag Abend in einer großen Pressekonferenz beklagte, dass die Chinesen den Besuch abgesagt hätten, meldete sich Finanzminister Steve Mnuchin zu Wort und korrigierte: Nicht die Chinesen hätten den Besuch abgesagt, sondern er, Mnuchin, habe den Besuch storniert.
In einem sensiblen Thema wie dem Handelsstreit wird US-Präsident Trump für zwei volle Tage in dem Glauben gelassen, China habe den Besuch abgesagt! So fragte Trump vor laufender Kamera bei seinem Finanzminister nach: „Warum war es unser Wunsch, den Besuch abzusagen, nur so aus Neugier?“. Mnuchin teilte mit, er wollte Verwirrung vermeiden, mehr war dann nicht mehr zu erfahren.
Mnuchin hat also zwei Tage eine falsche Aussage stehen lassen. Ich denke Sie stimmen mir zu, dass es derzeit kaum ein zweites Thema gibt, das global so sensibel ist, wie der Handelsstreit. Und da wird eine Falschaussage, die einen ordentlichen Kurssturz an den Aktienmärkten zur Folge hatte, für zwei Tage nicht korrigiert? Nicht einmal der Präsident wird über die wahren Vorgänge informiert?
Ich denke, wir müssen uns schon bald auf einen neuen US- Finanzminister einstellen.
Wahr ist also. China kauft Agrarprodukte von den USA ein, das hat China inzwischen auch nochmals bestätigt. Und wahr ist derzeit auch, dass die Verhandlungen derzeit noch von beiden Seiten mit großen Erwartungen eingegangen werden.
Ich persönlich glaube nicht an eine schnelle Einigung, aber offiziell sind derzeit noch alle Beteiligten hoffnungsfroh!
Die Demokraten haben mit ihrer Mehrheit im Senat nun ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump eingeleitet. Politisch kommen die Demokraten nicht gegen Trump an, also versucht man es weiter juristisch. Nachdem mit Russland nichts zu holen war, versucht man es jetzt mit der Ukraine.
Die Sache wird meiner Ansicht nach genauso verlaufen, wie das Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton im Jahr 1998: Clinton habe über seine Beziehung mit Monica Lewinsky gelogen, lautete damals der Vorwurf.
Im Senat hat(te) die Opposition die Mehrheit, damals die Republikaner, heute die Demokraten. Die Opposition hat damals, und so wird es auch heute sein, mit ihrer Mehrheit das Verfahren auf den Weg gebracht. Ein Schock für die Aktienmärkte, die in dieser Phase ein paar Prozent Federn ließ. Unzählige Verhöre wurden medial ausgeschlachtet (Bitte nicht so nah ans Mikrofon, Miss Lewinsky, https://www.heibel-ticker.de/downloads/Monica.bmp ;-).
Im Kongress hatte damals wie heute die Partei des Präsidenten die Mehrheit. UM den Präsidenten dann seines Amtes zu entheben, braucht es eine Zweidrittel Mehrheit im Kongress. Das gelang damals genauso wenig wie es heute gelingen wird: Die Republikaner stehen inzwischen (nach anfänglichen Schwierigkeiten) geschlossen hinter ihrem Präsidenten.
Nachdem der Kongress das Verfahren am 12.2.1999 abgeschmettert hatte, sprangen die Aktienmärkte in den folgenden Wochen an und liefen zum historischen Hoch bis kurz nach der Jahrtausendwende.
Am vergangenen Freitag habe ich Ihnen mit der Rule 40 gezeigt, dass es auch heute schon wieder eine ganze Reihe von Unternehmen gibt, die extrem hoch, abenteuerlich hoch bewertet sind. Laufen wir also auf den Finalen Crack-Up Boom zu, den ich seit langem erwarte? Ich weiß es noch nicht, aber werde das im Auge behalten.
Drohender Krieg mit dem Iran, Chaos auf der Insel und Amtsenthebungsverfahren in den USA sind nicht gerade Rahmenbedingungen für steigende Kurse, oder was meinen Sie?
Mal schauen, was Rohani heute zu sagen hat. Mal sehen, wann sich ein neues Brexit-Szenario abzeichnet. Und mal schauen, wie lange die Aktienmärkte diesmal brauchen, um das Amtsenthebungsverfahren zu verdauen. Heute ist es noch zu früh zum Zugreifen, denn meistens brauchen Anleger zwei bis drei Tage, um sich auf solche Änderungen einzustellen.
Warten wir also noch ein wenig ab mit Nachkäufen und neuen Positionen.
Kurz noch zu TUI: Hotels in den bevorzugten Ferienregionen der Thomas Cook Kunden müssen heftige Zahlungsausfälle verkraften: Die Hotelunterkünfte werden in der Regel mit einem Zahlungsziel von 60 Tagen seitens des Reiseveranstalters an die Hotels bezahlt. Der Großteil des diesjährigen Sommerurlaubs ist seitens Thomas Cook also noch nicht an die Hotels ausgeschüttet worden. Die Hotels haben bereits geliefert, bekommen aber kein Geld.
Das wird zu einer Reihe von Zahlungsengpässen führen. Griechenland und die Türkei haben bereits Hilfsmittel in zweistelliger Millionenhöhe für Hotels locker gemacht, dennoch rechne ich mit einer Pleitewelle im Kielwasser der Thomas Cook Pleite.
Und wie es der Teufel will, ihr Autor hat seinen nächsten Urlaub als Pauschalurlaub gebucht, erstmals seit … keine Ahnung, ob wir das jemals schon gemacht haben. Und gestern – nur ein weiterer Grund für die Markierung des gestrigen Tags mit rot im Kalender – erhielten wir die Information, dass wir in ein anderes Hotel umgebucht wurden.
Da wir uns mit Freunden in einem bestimmten Hotel verabredet hatten, damit unsere Kinder Spielkameraden haben, geht das natürlich nicht, wir sind nun in Gesprächen. Hintergrund ist jedoch meiner Einschätzung nach der Verlust der Thomas Cook Kunden für dieses Hotel, das daher diese Saison früher seine Pforten schließt, als bislang geplant. Wenn das Hotel nicht mehr ausgelastet ist, weil die Thomas Cook Kunden fehlen, lohnt sich der Betrieb mit hohen variablen Personalkosten nicht mehr.
So wird nun auch TUI zusätzliche Kosten stemmen müssen. Für TUI sind das Marketingkosten, denn wenn das Unternehmen in dieser schweren Zeit zeigen kann, dass es die verkauften Reisen trotz der Pleite von Thomas Cook mit allen Folgeerscheinungen ordentlich durchführen kann, wird das Vertrauen in TUI bei den Kunden steigen.
…ich lasse mich überraschen :-) aber die „Marketingkosten“ werden das Quartalsergebnis belasten, denn Umbuchungen dürfen nur in höherwertigere Hotels erfolgen, und die wird man nicht dem Kunden aufbürden.
Nach den Kursgewinnen der vergangenen Wochen sind Gewinnmitnahmen an einem Tag wie heute verständlich, aktuell notiert die Aktie mit -5,5%. Ich würde unseren Stopp Loss auf 9,90 Euro nachziehen.
Ihr Börsenschreibel
Stephan Heibel
Chefredakteur und Herausgeber des Heibel-Ticker
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Es tut mir Leid, dass im Heibel-Ticker nicht die viel versprechenden neuen Regeln der Rechtschreibreform berücksichtigt werden, aber ich müsste Kopf stehen, um diese zu verstehen.
Quellen:
Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.
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