Guten Abend Herr Heibel! Nachträglich noch Frohe Ostern! Nach dem jüngsten Ticker drängt sich mir doch eine Frage auf: Sie hatten doch eine hoch-profitabel ausgegangene Mastercard-Spekulation (die ich leider verpasst habe) in Ihrem Ticker. Und dann kommt der größte IPO aller Zeiten (Visa) -- und ich lese dazu rein gar nix bei Ihnen??? Hab ich da was total verschlafen? Oder ist Ihnen Visa gar keine Erwähnung wert, weil eine Niete? Nach dem zu urteilen, was man sonstwo liest, sollte Visa noch viel toller sein als Mastercard, da nur auf Abwicklungsgebühren basierend und keinerlei Kreditausfallsrisiko. 6-Monatschart Mastercard Klingt zu schön, um wahr zu sein und ich überlege einen Einstieg (heute schön zurückgekommen). Wohl denke ich dabei auch an Goggle: Am Anfang hielt man die Bewertung (bei rd. 70$ sind die gestartet, glaube ich) für gar nicht günstig - der Rest ist Geschichte... Das will ich bei Visa nicht verpassen. Lange Rede / kurzes Ansinnen: Verlieren Sie doch demnächst ein paar Worte zu Visa -- danke! TMA: Bei einem Buchverlust von 90% dachte ich mir, entgegen Ihrem Rat, ich bleib dabei. Denn da sich die Firma "weigerte", in Konkurs zu gehen, schien die Chance auf Erholung größer als der Verlust der restlichen 10%. Und so wurde ein kurzer Zock mit einem schönen Gewinn daraus. Der Übermut verleitete mich zu einem zweiten Zock - und dieser wurde leider von der Meldung über das 365-Tages-Moratorium "pulverisiert". "TMA got ripped off pretty well" würde ich sagen, wenn ich den Deal richtig verstehe. Und doch: Würden sich die Gläubiger an dem Unternehmen in großem Stile beteiligen, wenn es zugrunde gehen würde? Allerdings ist der Kaufpreis dieser Aktien ja verdammt niedrig, sodass die Gläubigerbanken bereits beim jetzigen Kurs auf einem fetten Gewinnpolster sitzen. Auch wenn es Ihnen vielleicht "körperliche Schmerzen" bereitet ;-))) -- wären Sie so freundlich, nochmal einen Blick auf die jetzige Situation von TMA zu werfen?! Stecken da noch Chancen drinnen (und wenn ja - wo?) oder ist das nur ein künstlich verlängerter Tod bzw. bleibt eine Art Zombie-Firma weiter bestehen...? Vielleicht bin ich ja nicht der Einzige, der da noch investiert ist... Danke, Harald aus Wien ANTWORT: VISA - MASTERCARD Mastercard hatte mich begeistert, weil das Unternehmen als zweiter der Branche zu einer Aufholjagd angesetzt hatte. Außerdem hat Mastercard einige kleine Vorteile, die es in meinen Augen besser positionieren, als Visa: Bessere Versicherungsbedingungen, die Abbuchung erfolgt später, gebündelt einmal pro Monat, Mastercard verfolgt einige Online-Projekte. Visa baut in meinen Augen hauptsächlich auf die fehlenden Bank-Überweisungen der USA: Dort wird ja immer noch alles per Scheck bezahlt. Obwohl der Umsatz von Visa über die ganze Welt verteilt ist, wird der meiste Gewinn in den USA erzielt. Grund: In Europa gibt es genügend Alternativen zum teuren Zahlungsweg über Visa (...und Mastercard). Die hohen Gebühren von Visa (und Mastercard) werden schon seit Jahren vor Gericht besprochen: Hier fürchtet Visa Rückforderungen von vielen Milliarden USD. 3 Mrd. USD hat das Unternehmen daher von den 17 Mrd. USD IPO-Einnahmen für diesen Zweck zurück gestellt, sagt aber, dass dieser Betrag vermutlich nicht ausreichen wird. Ich halte inbesondere Visa für angreifbar, da Visa überwiegend davon profitiert, dass man problemlos und bargeldlos in den USA damit zahlen kann. In anderen Ländern gibt es diverse Alternativen: EC-Karte in Europa, jede Menge Bankkarten in jedem Land, Paypal und Firstgate für Online-Zahlungen. Im IPO-Prospekt von Visa wird ausgewiesen, dass das Umsatzwachstum von 17% im Jahr 2006 auf 10% im Jahr 2007 zurück gegangen ist. Für das laufende Jahr wird ein weiterer Wachstumsrückgang (zwar Wachstum, aber eben langsamer) erwartet, als Grund wird die befürchtete Rezession angegeben. Also: Auch Visa und Mastercard leben nicht im Schlaraffenland. Ich halte Mastercard aber für besser positioniert. Das Bewertungsniveau von Mastercard ist noch immer günstiger als das von Visa. Mastercard hat eine Gewinnmarge von 26%, bei Visa steht diese derzeit bei -11%. Mastercard hat mehr Bargeld auf der hohen Kante (MA: 3 Mrd. USD, V: 2,4 Mrd. USD) und das bei geringeren Umsätzen und der IPO ist schon länger her. Das Gewinnwachstum ist bei Mastercard wesentlich höher (MA: 18,5%, V: 13%). THORNBURG Das Unternehmen hatte bis vergangenen Freitag Zeit, 1 Mrd. USD über Wandelanleihen einzusammeln. Mit einer solchen Bar-Infusion wären die Gläubiger bereit gewesen, Liquidationen für ein Jahr auszusetzen. Am Freitag war das Geld noch nicht zusammen, auch am Wochenende schaffte es Thornburg nicht. Gestern Abend wurde bei der SEC beantragt, Einzelaktionäre für mehr als 10% zuzulassen (war bislang nicht möglich), denn es stünde ein Investor mit 300 Mio. USD bereit. Wenn ein Investor 300 Mio. USD gibt, dann ist es in der Regel nicht schwer, weitere Investoren zu finden. Ich kann mir also vorstellen, dass dies heute gelingt. Doch das bedeutet, dass die Aktie, die ohnehin bereits viel an Wert verloren hat (90%), nun noch verwässert wird (delution), denn die Wandelanleihen-Inhaber werden besser gestellt, als die Altaktionäre. Bei einer Überschlagsrechnung wird der Wert der Altaktionäre am Unternehmen dadurch geviertelt. Zusätzlich ist natürlich zu berücksichtigen, dass Thornburg, wenn es erfolgreich die Insolvenz verhindern kann, nicht mehr mit dem gleichen Hebel agieren wird, wie zuvor. Also sind auch die Verdienstmöglichkeiten geringer. Einen Kursanstieg auf alte Höhen bei 10 USD je Aktie würde ich aus diesen Gründen also für die nächsten 12 Monate ausschließen. Zwischen Insolvenz (0 USD) und Überleben (vielleicht 5 USD) ist aber noch eine große Spanne. Sie sollten aber bedenken, dass Sie nicht viel Zeit haben werden, Ihre Aktien zu verkaufen, wenn die Insolvenz angemeldet wird. {weiter[40|9]}
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