Hallo Herr Heibel, ich bin ein ziemliches Greenhorn an der Börse, weil ich erst dieses Jahr im Juli so richtig damit angefangen habe... Es ist eine große Freude, auf Ihren Börsenbrief gestoßen zu sein, auf den ich mich schon immer freue, weil darin gut verständlich und durchdacht das Wesentliche gesagt wird...Ihr Brief gehört zu denen, die mich sicher noch lange begleiten - wenn Sie ihn hoffentlich noch lange schreiben. Also vielen Dank an Sie für Ihre Sprache, die auch Greenhorns verstehen und für das völlige Fehlen von Überheblichkeit. Wenn es Ihnen möglich ist, bitte ich Sie, ein bißchen Klärung in das Tauziehen um die amerikanischen Banken Washington Mutual und Wachovia zu bringen... Wie könnte von der Entwicklung und den Entscheidungen her deren Zukunft aussehen? Und was geht schon wieder ab bei der American International Group? Kann die einfach fallen gelassen werden, wenn nun eine erneut Finanzspritze erforderlich ist? Es ist ja doch alles recht wirr gerade... Mit herzlichen Grüßen von Daniela aus Ostfildern ANTWORT: Besten Dank für Ihr Schreiben und das freundliche Lob. Ja, ich habe vor, noch lange den Heibel-Ticker zu schreiben. Ich bin gerade 40 geworden und denke, dass mir noch ein paar Jahre Berufsleben bevorstehen :-) Die Ereignisse überschlagen sich und Neuigkeiten von gestern sind heute schon fast unbedeutend, wenn man die kurzfristigen Entwicklungen betrachtet. Doch langfristig haben sich einige wichtige Änderungen im Finanzsektor ergeben: WASHINGTON MUTUAL Die amerikanische Sparkasse Washington Mutual stand kurz vor der Insolvenz und wurde von J.P. Morgan aufgekauft. Die US-Regierung hat diese Transaktion unterstützt und J.P. Morgan konnte sich auf die Übernahme der Juwelen des Unternehmens konzentrieren. Der Bereich mit den faulen Immobilienderivaten wurde teils vom Staat übernommen. Aufgrund der großen Sparquote der Kunden von Washington Mutual ist diese Übernahme ein Segen für die Bilanz von J.P. Morgan. WACHOVIA Neben Washington Mutual war Wachovia die zweite große US-Sparkasse. Auch Wachovia geriet in Zahlungsnöte und auch die Übernahme von Wachovia wäre für die eine oder andere stark spekulativ agierende US-Bank ein Segen. Zunächst hat die regierungsnahe Citigroup den Zuschlag für eine Übernahme zu 2 Mrd. US-Dollar bekommen. Doch Wells Fargo kam einige Tage später mit einem Angebot von 12 Mrd. USD heraus, so dass die Ambitionen von Citigroup ziemlich korrupt aussahen. Aktuell sieht es so aus, als werde Wells Fargo natürlich den Zuschlag bekommen. Die Citigroup möchte jedoch 60 Mrd. USD Schadensersatz. ... Ich glaube, die Herren haben den Bezug zu Zahlen verloren. AMERICAN INTERNATIONAL GROUP AIG Der weltgrößte Versicherer geriet ebenfalls in finanzielle Schwierigkeiten. Da die meisten Finanzderivate, die derzeit faul werden, auf verschiedenste Weisen abgesichert und versichert sind, die letztlich zu einem großen Teil im Hause AIG landen, würde ein Bankrott von AIG den gesamten Finanzmarkt über Nacht ins Chaos (ja, noch mehr Chaos) versetzen. Daher hat die US-Regierung eine Garantie über 85 Mrd. USD für das AIG-Geschäft ausgestellt. Inzwischen wurden weitere Mittel in das Unternehmen gegeben. Insgesamt beläuft sich das Engagement der US-Regierung bei AIG derzeit auf 122 Mrd. USD. VERWIRRUNG PERFEKT Wie Sie an diesen paar Zahlen sehen können, scheint es den Akteuren egal zu sein, ob 2 Mrd. oder 12 Mrd. USD fließen, ob Bürgschaften und Garantien abgegeben oder dann auch umgehend in Anspruch genommen werden. Es ist in meinen Augen ein Zeichen dafür, dass wir noch weit entfernt von einer Lösung der Finanzkrise sind, denn noch immer wird nur das Schlimmste korrigiert, das Chaos vermieden. Bis wir einmal ein paar grundlegende Änderungen erhalten, die den Finanzmarkt wieder funktionstüchtig machen, werden wir noch einige heftige Kursschwankungen erleben. Daher gilt noch immer: Gute Tage zum Verkauf nutzen, schlechte Tage zum Kaufen nutzen. {weiter[40|9]}
Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.
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