Liebe Börsenfreunde,
Eine neue Corona-Mutation aus Südafrika führte am Freitag zu einem heftigen Ausverkauf: Unerwarteter Abgabedruck trifft auf einen Markt, der ohne Netz und doppelten Boden tanzt. Entsprechend heftig ist der Kursverlust im DAX.
Im aktuellen Heibel-Ticker zeige ich auf, dass der Ausverkauf fast alle Aktien trifft. Egal ob Corona-Verlierer oder Corona-Gewinner: In einer ersten Reaktion wird alles auf den Markt geschmissen. Details lesen Sie unten siehe Kapitel 02 "So tickt die Börse: Neue Corona-Mutation aus Südafrika sorgt für Panik".
Das Anlegersentiment schlüsselt auf, dass viele Anleger bereits am Donnerstag gekauft, bzw. Leerverkäufer ihre Positionen eingedeckt haben. Der DAX tanzte daher ohne Netz und doppelten Boden, so erklärt sich der heftige Kursverlust vom Freitag. Mehr zu den Hintergründen lesen Sie unten siehe Kapitel 03 "Sentiment: Starke Verunsicherung bei gleichzeitig hohem Optimismus"
Ja, die Welt ist heute eine andere als gestern. Aber nein, das kommt nicht absolut überraschend. Es war nur eine Frage der Zeit, bis eine neue, noch gefährlichere Mutation von Corona auf die Menschheit trifft. Zu langsam erfolgt die Impfung in den ärmeren Regionen unserer Welt.
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Was ich schreibe, kann nur eine Momentaufnahme sein. Von Donnerstag auf Freitag wurde über Nacht eine neue Corona-Mutation aus Südafrika bekannt, die schlimmer sein soll als alles, was wir bislang kennen: Vielleicht infektiöser, vielleicht tödlicher und vielleicht resistenter gegen die verfügbaren Impfstoffe. Nichts Genaues weiß man nicht.
Es wird berichtet, dass die neue Mutation gleich 32 Änderungen im Spike-Protein vorgenommen hat, was die Wirkung der verfügbaren Impfstoffe stark in Frage stellt. Je stärker die Abweichung von den bisherigen Varianten, desto ungewisser.
Israel und Hongkong berichten, schon erste Fälle vor Ort mit dieser neuen Mutation identifiziert zu haben.
Und Ungewissheit ist Gift für die Aktienmärkte: Anleger verkauften alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war. So sind die asiatischen Börsen über Nacht eingebrochen, der Nikkei verzeichnet den stärksten Tagesverlust seit 5 Monaten. Der DAX startete Freitag mit -3,5%.
Ich hatte am Mittwoch im Rahmen eines Updates für alle PLUS-Kunden die aktuelle Situation eingeordnet. Die kleine Korrektur hätte am Donnerstag enden sollen, wenn die obige Meldung nicht einen Strich durch diese Erwartung gemacht hätte.
Dennoch: Bevor Sie sich nun von der Panik anstecken lassen und Ihre Positionen verkaufen, möchte ich Ihnen in Erinnerung rufen, dass wir eigentlich keine neue Situation haben: Es ist nach wie vor Corona, das uns in Atem hält. Eine neue Mutation war letztlich nur eine Frage der Zeit. Wir wissen, wie wir uns schützen können (Kontaktbeschränkungen) und wir haben Instrumente (Impfstoffe, Behandlungsmethoden, Medikamente), um auch diese Mutation zu bekämpfen.
Vermutlich wird in diesen Tagen auch den letzten Menschen bewusst, dass nationale Alleingänge weder Corona, noch das Klima retten. Regelmäßige Auffrischungsimpfungen werden uns für eine lange Zeit begleiten. Die Anstrengungen, auch die ärmeren Regionen der Welt mit Impfstoffen zu versorgen, müssen verstärkt werden. Und die wirtschaftliche Erholung der Welt wird wohl langsamer erfolgen als von vielen bislang erwartet.
Entsprechend dieser Erkenntnis sah ich Freitag früh grüne Vorzeichen bei Technologietiteln (+0,6%) und bei Gesundheitsaktien (+0,3%), während alle anderen Bereiche ausverkauft werden: Logistik -7%, Autos -3,4%, Finanztitel -3,5%, Rohstoffaktien -3,4%.
Auf Wochensicht sieht es nicht viel besser aus. Nur ein einziger Titel kann ein nennenswertes Plus ausweisen: BioNTech +9% sorgt in unserem Portfolio für einen kleinen Lichtblick.
Auf der anderen Seite wird alles verkauft: Ob aus Angst vor der neuen Corona-Mutation, oder aus Angst davor, dass selbst die Online-Händler ein schlechtes Weihnachtsgeschäft aufgrund der globalen Lieferkettenprobleme verzeichnen werden, alles wird verkauft. So sieht Panik aus.
Autohändler Auto 1, Anhängerproduzent SAF Holland, Server-Softwareanbieter SUSE, Sicherheitssoftwareanbieter Secunet Sec. Network, LPKF Laser, Stratec Biomed, Beatmungsgeräteanbieter Drägerwerk, Immobilienfinanzierer Hypoport, Einzelhändler Ceconomy (Saturn & Media Markt), Einrichtungsgegenständeanbieter Westwing und Home24, Halbleiter-Maschinenbauer Aixtron und Flugzeugbauer Airbus haben allesamt letzte Woche über 10% abgegeben. Quer durch den Gemüsegarten.
In Kapitel 04 werde ich untersuchen, ob Sie nun schon Schnäppchen einsammeln können, und wenn ja, welche. Doch schauen wir nun zunächst einmal auf die Wochenperformance der wichtigsten Indizes:
WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES
INDIZES | 25.11.21 | Woche Δ | Σ '21 Δ |
Dow Jones | 35.804 | 0,3% | 17,4% |
DAX | 15.430 | -4,5% | 12,5% |
Nikkei | 28.752 | -3,3% | 4,8% |
Shanghai A | 3.735 | 0,1% | 4,4% |
Euro/US-Dollar | 1,13 | -0,2% | -8,2% |
Euro/Yen | 128,78 | 0,0% | 1,6% |
10-Jahres-US-Anleihe | 1,65% | 0,11 | 0,71 |
Umlaufrendite Dt | -0,36% | 0,07 | 0,20 |
Feinunze Gold | $1.809 | -2,6% | -4,0% |
Fass Brent Öl | $77,87 | -0,6% | 51,5% |
Kupfer | $9.689 | 0,5% | 23,6% |
Baltic Dry Shipping | $2.678 | 9,1% | 96,0% |
Bitcoin | $54.262 | -6,9% | 92,7% |
Die Daten wurden am Freitag bereits Mittags erhoben, ich war früh dran. Da am Donnerstag in den USA Feiertag war (Thanksgiving) und am Freitag bislang noch nicht gehandelt wurde, sieht man den Ausverkauf im Dow Jones noch nicht.
DAX, Nikkei (Japan) und der Bitcoin werden abgestoßen. Selbst das Gold wurde in einer ersten Reaktion verkauft, um Liquidität zu beschaffen.
Auch die Umlaufrendite notiert noch auf dem Vortagswert, da sie nur einmal am Tag berechnet wird. Bislang hatte sich das Zinsniveau also nach oben entwickelt. Mit dem Ausverkauf am Aktienmarkt dürfte sich auch das Zinsniveau wieder nach unten entwickeln und somit einen Teil des Wochengewinns abgeben.
Schauen wir mal, wie sich das Anlegersentiment entwickelt hat.
Die Stimmung ist um 6,2 Punkte auf -2,4 eingebrochen. Es handelt sich um den größten Stimmungseinbruch seit 12 Monaten. Überhaupt gab es einen so heftigen Stimmungseinbruch wie heute erst fünf Mal in den vergangenen fünf Jahren. Die neue Mutation, die ansteckender, tödlicher und resistenter sein soll als alle vorhergehenden Corona-Varianten, ruft bei Anlegern Erinnerungen zum Frühjahr 2020 hervor.
Auch die Selbstzufriedenheit ist von +3,6 auf -3,7 so stark eingebrochen wie seit dem Corona-Crash nicht mehr. Offensichtlich wurden Anleger auf dem falschen Fuß erwischt: Die moderate Konsolidierung wurde bereits als beendet betrachtet, da kam der Tiefschlag völlig unerwartet.
Erstaunlich ist der Zukunftsoptimismus, der sich bereits am Panik-Tag schon wieder zeigt: Die Zukunftserwartung ist von -1,0 in der Vorwoche auf +2,2 angestiegen.
Und dem Optimismus wollen Anleger Taten folgen lassen: die Investitionsbereitschaft ist von 0,1 in der Vorwoche auf 3,4 angesprungen. Offensichtlich wird das nun erreichte Kursniveau als Kaufgelegenheit wahrgenommen.
Das Euwax-Sentiment der Privatanleger zeigt bereits seit einer Woche eine nachlassende Absicherungsneigung an. Dies bestätigt meine Beobachtung, dass Anleger die Konsolidierung gestern bereits als beendet betrachteten. Somit erfolgt der heutige Ausverkauf ohne Netz und doppelten Boden.
US-Anleger verdauten Freitag ihren Thanksgiving-Turkey: Donnerstag blieben die Aktienmärkte geschlossen, Freitag wurden die Börsen nur für ein paar Stunden geöffnet. In den USA herrscht weiterhin ein hoher Optimismus, der sich in einem sehr niedrigen Put/Call-Verhältnis zeigt.
US-Fondsanleger spiegeln diesen Optimismus durch eine weiterhin hohe Investitionsquote von 103% wider.
Das Bulle/Bär-Verhältnis in den USA ist jedoch ins Minus gerutscht, mit 35,7% Anteil haben die Bären nun wieder knapp die Mehrheit.
Der technische Angst und Gier Indikator des S&P 500 ist auf 64% gerutscht (Vorwoche 78% - extreme Gier) und zeigt nunmehr wieder eine vergleichsweise moderate Gier an.
INTERPRETATION
Die Investitionsquote ist aktuell auf einem extrem hohen Niveau. Anleger haben sich bereits in den vergangenen Tagen mit Aktien eingedeckt, und haben dem Ausverkauf wenig entgegenzusetzen. So ist die Intensität des Ausverkaufs erklärbar und deutet nicht unbedingt auf Panik.
Institutionelle Anleger haben letzte Woche auch ihre Short-Spekulationen abgebaut. Auch Shorteindeckungen erfolgen also nicht, ein weiteres Sicherungsnetz im Falle eines Ausverkaufs wie heute existiert also nicht.
Die Investitionsbereitschaft ist hoch. Die aktuellen Kurse werden zwar als Schnäppchenkurse betrachtet, doch mangels liquider Mittel erfolgen Stützungskäufe nur mit niedrigem Volumen.
In der Regel zeigt sich ein so heftiger Stimmungseinbruch, wie wir ihn letzte Woche erlebten, nur kurzfristig als belastend. Die Welt ist heute nicht viel anders als gestern noch. Weitere, gefährlichere Mutationen waren zu befürchten. Die Welt ist heute wesentlich besser darauf vorbereitet als vor anderthalb Jahren. So dürften bereits in wenigen Wochen wieder steigende Kurse zu verzeichnen sein.
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Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.
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