Veröffentlicht von Stephan Heibel am 19.04.2008 um 07:08 Uhr

Börsenanalyse: Ende der Papierwährungen ist fern

Hallo Herr Heibel, danke für Ihre Einschätzung der Lage. Schauen wir in die Vergangenheit zurück, sehen wir, wie die Aktienmärkte nach Rückschlägen immer wieder quasi aufgestanden sind, als haben wir es hier mit einem Stehaufmännchen zu tun. Und selbst renommierte Publikationen von Aktienbriefen, sehen ganz banal Tiefststände als Einstiegschance, im Wissen über das Dogma der ewig steigenden Aktienmärkte. Es kann sich jedoch Niemand wirklich ein Ende dieses Systems vorstellen, obwohl es weis Gott nicht perfekt ist, sondern nur in sich verwaltet wird. Dabei hängt alles doch am seidenen Faden, wenn man das permanente Eingreifen der Notenbanken sieht, das Geldsystem könnte sich (selber) sonst nicht tragen. So ist der US-Dollar hoch verschuldet, es ist unvorstellbar, ihn wieder jemals aus seiner "Wertlosigkeit" herauszuholen und die Schulden daran zu begleichen. Ein Spiegelbild zum Wert des Dollars und anderer Währungen sind ja die Rohstoffpreise, die in 2010 in der Tradition der Vergangenheit einen Höchststand erreicht haben könnten, besonders Gold und Öl, denn von einer faktisch wertlosen Währung braucht es schon sehr viel Scheine, um einen Gegenwert herzustellen. Und das einzige Mittel, einen Kollaps und einen Run auf die Banken zu verhindern, z.B. durch das Ausbluten der Bankensysteme, ist es ja bekanntermaßen weiteres milliardenschweres Geld in den Markt zu pumpen, wohlgemerkt ungedecktes Geld, das eigentlich wertlos ist und nur durch den Glauben an das System funktioniert, aber dennoch sich nicht direkt auf die Inflationskennziffer auswirkt, weil der kleine Mann davon nichts sieht. Eine Pille, die wir alle dabei schlucken müssen, ist die dennoch schleichende Inflation, die wir alle spüren, aber durch die Lüge an der wirklichen Zahl nicht real sehen, sonst würde einiges zusammenbrechen. Hat es je eine ungedeckte Papierwährung gegeben, die auf immer Bestand hatte, oder ist nicht jede dieser Währungen am Ende durch eine stärkere Inflation (Hyperinflation) gekennzeichnet, die am Schluss in einer Währungsreform mündet, aber eben vorher einen Großteil des Geldwertes vernichtet hat!? Es gibt wirklich kein historisches Beispiel. Ich sehe den Dollar am Ende seiner Laufbahn. Was zur Zeit passiert, ist die faktische Abwertung des Dollars. Bricht der Dollar demnächst zusammen, kann dies nichts Gutes für die Welt bedeuten. Eine dramatische, politische und vernichtende Reaktion wäre die Folge, bis hin zum wie auch immer gearteten Krieg. Es ist zumindest eine Option, der man heute kaum einen Gedanken schenkt, die jedoch im vergangenen Jahrhundert nicht unüblich war. Ist das Vertrauen auf die Währungssysteme nicht DER Grundfehler? Warum fehlt soviel Geld im System und wo liegt der Grund hierfür? Ich denke einfach es funktioniert nur auf Zeit und mittelfristig werden wir auf der Erde "größere Strukturen" haben, wenn sich das gedeckte Geld nicht bewährt hat und das ungedeckte Geld zu viele Blasen produziert, die platzen müssen. Natürlich wollen (müssen) wir alle an ein funktionierendes Geldsystem, eine funktionierende Wirtschaft glauben, die eben als Stehaufmännchen lebt. Es sollte nicht anders sein, sonst würden wir den Glauben verlieren, was nicht passieren darf. Deswegen mag diese Einschätzung als sehr negativ erscheinen, sie wird aber nicht nur von mir vertreten, sondern hat Anhänger, von denen ich für mich begriffen habe. Oder könnte es wirklich so passieren, wie Sie es ja wissen, wie Bernanke es weis, dass eben der Zins alles regeln wird und nur genug Geld in den Markt gepumpt werden muss, ehe der Motor wieder anspringt und alles in den neuen Zyklus geht, so wie es uns die Lehrbücher zeigen. Damit ist das Problem der Schuldenlast aber nicht gelöst und auch nicht, was mit der chinesischen Währung passiert. Dieses Fragen werden uns irgendwann einholen, denke ich. Wo sehen Sie den Ausweg. Sorry für die etwas lange Mail ;-) Ihre Meinung zu dem "ewigen, ungedeckten Geld" auf alle Zeiten würde mich sehr interessieren und ob sie in absehbarer Zeit eine Welt-Währungsreform sehen. Ich habe natürlich volles Verständnis für Ihre anderen Aufgaben und bin hoffnungsfroh geduldig. Freundliche Grüße, Knut aus Bottrop ANTWORT: Ich kenne Ihre Argumente und kann sie gut nachvollziehen. Auch ich habe diese Fragen im Hinterkopf und der menschliche Verstand sagt, dass dies doch nicht ewig so weiter gehen kann. Doch ein bekannter Anleger hat einmal gesagt, dass die Börsen (oder auch Finanzmärkte, Währungen, etc.) viel länger irrational, als Sie solvent bleiben können. Mit anderen Worten: Ja, das Währungssystem, wie wir es heute kennen, mit dem USD als einzige Weltwährung, wird nicht ewig bestehen. Schon heute ist der Euro und das Gold eine Alternative geworden, doch noch sind alle Handelssysteme der Realwirtschaft auf den USD ausgerichtet. Vielleicht wird der US-Dollar in diesem Jahr abgelöst. Vielleicht aber auch erst in 50 Jahren. Der Niedergang Roms dauerte rund 1.000 Jahre. Ihre Argumente sind der Grund dafür, dass ich immer wieder dazu rate, auch Goldbarren und Goldmünzen zu kaufen. Vertrauen Sie nicht ausschließlich auf das Papiergeld, sondern legen Sie auch einen Teil in Gold an. Ich halte einen Teil von 5-15% für angemessen. Wenn Sie jedoch alles in Gold stecken und wider Erwarten erholen sich die Finanzsysteme vorrübergehend für ein paar weitere Jahrzehnte, dann geht der nächste Wirtschaftsaufschwung spurlos an Ihnen vorbei. Also: Ja, es gibt einen Grundfehler in dem Papiergeld, das nicht durch Gold gedeckt ist. Aber wir Menschen sind kreativ genug, um diesen Systemfehler noch eine lange Zeit mitzuschleifen.{weiter[40|9]}

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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