Veröffentlicht von Stephan Heibel am 28.04.2009 um 14:37 Uhr

Börsenanalyse: Schweinegrippe wird neue Einstiegsmöglichkeiten in einigen Tagen eröffnen

Von Mexiko aus breitet sich ein neuer Stamm an Schweinegrippe (H1N1) immer weiter aus, erste infizierte Menschen sind bereits in Spanien nachgewiesen worden. Einen Impfstoff gegen die Schweinegrippe gibt es nicht, lediglich die Eindämmung der Ausbreitung ist über antivirale Mittel wie Tamiflu (Roche) und Relenza (GlaxoSmithKline) möglich. Erinnerungen an die Spanische Grippe aus dem Jahr 1918 bis 1919 werden wach: Damals starben schätzungsweise 40 Millionen Menschen an dieser kontinentübergreifenden Infektionskrankheit. So war die Panik groß, als im Jahr 2003 mit SARS ein ähnliches Virus sich auszubreiten drohte. Ein mehrstufiger Krisenplan wurde erarbeitet, um künftig für solche Fälle gerüstet zu sein. 2006 wurde das Aufkommen der Vogelgrippe (H5N1) dank dieses Plans schon sehr umfangreich und früh eingedämmt. Es wäre blauäugig anzunehmen, dass die Schweinegrippe ungefährlich ist. Doch die hygienischen sowie medizinischen Verhältnisse weltweit sind heute nicht mehr vergleichbar mit denen nach dem ersten Weltkrieg, als sich die Epidemie zu einer Pandemie auswuchs. Dennoch reagieren die Börsen sehr empfindlich auf die Ausbreitung dieses Virus. Hier meine Einschätzung für Anleger bzw. Spekulanten: Spekulation auf steigende Kurse bei entsprechenden Pharma-Werten wie Roche (+14% seit vergangenem Wochenende) oder GlaxoSmithKline (+7% seit vergangenem Wochenende) haben kurze Beine, denn bei diesen beiden Unternehmen ist der absolute Umsatzanteil der beiden antiviralen Mittel Tamiflu bzw. Relenza so gering, dass durch eine Umsatzvervielfachung in diesem Bereich dennoch der Gewinn des gesamten Unternehmens kaum beeinflusst wird. Es gibt eine Reihe kleinster Pharma-Unternehmen, die sich mit der Forschung nach entsprechenden Grippeimpfstoffen beschäftigen. So ist der Aktienkurs von Novamax (NVAX), ein kleines Forschungsunternehmen, dass sich auf Grippeviren spezialisiert hat, seit gestern bereits um 175% angesprungen. Auch Biocrest (BCRX), ein Biotechnologieunternehmen, das im Bereich Influenza forscht, konnte seinen Aktienkurs schon mehr als verdoppeln. Doch aufgrund der komplizierten Bekämpfung der Schweinegrippe gibt es auch jede Menge Randbereiche, die davon profitieren. So reichte für den Desinfektionsmittelanbieter Pure Bioscience (PURE) eine Meldung über die erfolgreiche Desinfektion im Umfeld der Schweinegrippe durch die eigenen Desinfektionsmittel aus, um den Kurs um 75% in die Höhe schnellen zu lassen. Alpha Pro Tech bietet Schutzmasken und Gasmasken an, mit denen sich Bürger in Metropolen gegen die Übertragung des Schweinegrippenvirus schützen wollen. Der Aktienkurs sprang um 70% an, dabei ist nicht einmal erwiesen, dass damit ein wirkungsvoller Schutz gewährleistet ist. Mein Rat: Versuchen Sie nicht, in diesem Chaos spekulative Gewinne zu erzielen. Solche Kursgewinne haben sich während der Vogelgrippe sowie während SARS als sehr kurzlebig erwiesen. Doch sollten Sie auf der anderen Seite auch nicht leerverkaufen bzw. auf fallende Kurse spekulieren, denn niemand kann vorhersagen, wie hoch die Kurse steigen, bevor sie anschließend wieder auf ihr Ursprungsniveau zurück fallen. Die Kurse können höher steigen, als Sie es sich als Leerverkäufer leisten können. Für Spekulanten ist diese Situation also zu willkürlich. LANGFRISTIG EIN SEGEN FÜR DIE BÖRSE Seit Anfang März erleben wir eine fulminante Rallye an den Börsen. Es gibt keine Konsolidierungen, geschweige denn Korrekturen, die es Anlegern ermöglichen, noch aufzuspringen. Bei jeder noch so kleinen Verschnaufpause wird sofort wieder gekauft, die Kurse steigen weiter. Hiobsbotschaften aus Wirtschaft, US-Immobiliensektor oder dem Finanzsektor werden kurz hochgepeitscht, sorgen für einen Kursrückgang von maximal 4% und dann wird sofort wieder gekauft. Es gibt aber jede Menge Anleger, die noch einsteigen wollen. Denn das aktuelle Kursniveau wird sich langfristig als historische Einstiegsgelegenheit erweisen, das ist jedem fundamental ausgerichteten Anleger klar. Gleichzeitig gibt es noch eine ganze Reihe Institutioneller Anleger, die auf dem falschen Fuß erwischt wurden: Vor dem Hintergrund der Krise haben sie sich im Bereich Pharma und Einzelhandel übergewichtet. Und diese Bereiche haben von der Rallye bislang so gar nichts mitbekommen. Da will man diese Positionen nicht mit Minus verkaufen während im Finanzsektor 100% Plus schon die Regel sind. Die Schweinegrippe gibt den langfristig orientierten Institutionellen Anlegern eine einmalige Gelegenheit, die versäumten Umschichtungen verspätet noch durchzuführen. Wie immer decken sich Menschen bei Angst vor einer Epidemie mit Nahrungsmitteln und Konserven ein. Wie immer werden mehr Gasmasken verkauft denn je. Und wie immer wird den Pharmaunternehmen die Lösung der Schweinegrippeproblematik zugetraut. Also steigen die Kurse genau der Unternehmen, die bei dem zu erwartenden wirtschaftlichen Aufschwung nur unterproportional partizipieren würden. Die Aktien also, die man in der aktuellen Situation am liebsten loswerden möchte. So werden in diese hochgepuschte Panik Pharma-, Biotech- und Einzelhandelsaktien von Institutionellen Anlegern an kleine Spekulanten verkauft. Ich weiß nicht, wie lange dieser Vorgang dauern wird. Es kann innerhalb von wenigen Tagen gelaufen sein, kann jedoch auch ein bis zwei Wochen dauern. Anschließend jedenfalls erwarte ich, dass unsere breite Börsenrallye neuen Zündstoff erhalten wird. Denn genau die konjunktursensiblen Aktien werden derzeit ausverkauft: Begonnen bei der Reisebranche, die im Rahmen einer solchen Pandemie leiden würde, über den Ölpreis, der natürlich bei weniger Reisetätigkeit fallen würde, über den Welthandel, der vor dem Hintergrund der Abschottung nationaler Volkswirtschaften ebenfalls zum erliegen käme, bis hin zu eben den Wirtschaftsunternehmen aus den bereichen Technologie, Infrastruktur, Rohstoffgewinnung, etc., die ja alle vermeintlich Geschäftsausfälle zu erleiden hätten, wenn eine weltweite Pandemie um sich greifen sollte. Nun, ich halte das für absolut überflüssige Panikmache und rate Ihnen daher, besonnen ein paar Tage abzuwarten und dann beherzt nachzukaufen. {weiter[40|9]}

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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