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Veröffentlicht von Stephan Heibel am 19.09.2023 um 10:02 Uhr

Die 3 ARM Problembereiche beim Börsengang - Bewertung, China und Softbank's Dominanz

Die Rückkehr von ARM Holding an die Börse hat Wellen geschlagen und viele Anleger fragen sich, ob jetzt der richtige Zeitpunkt zum Einstieg ist. Nachdem das Unternehmen 2020 fast von Nvidia übernommen wurde, hat es nun eine beeindruckende Bewertung von 54 Mrd. USD erreicht. Doch trotz des scheinbaren Erfolgs gibt es einige kritische Aspekte, die potenzielle Investoren beachten sollten.

In diesem Beitrag beleuchten wir die Hintergründe des Börsengangs, die Rolle von ARM in der globalen Chip-Industrie und die drei Hauptbedenken, die Anleger im Auge behalten sollten, bevor sie sich entscheiden, in dieses "Juwel" zu investieren.

Letzte Woche ist ARM Holding zurück an die Börse gegangen. Im September 2016 hatte die japanische Softbank den britischen Anbieter von Chip-Designs für 32 Mrd. USD privatisiert. Im September 2020 wollte Nvidia das Unternehmen für 40 Mrd. USD übernehmen, die Wettbewerbsbehörden untersagten den Deal jedoch 2022.

Letzte Woche wurde das Unternehmen mit einer Bewertung von 54 Mrd. USD zurück an die Börse gebracht. Der Ausgabekurs betrug 51 USD je Aktie, bis zum Ende des Handelstages war der Kurs um 25% auf 63,59 USD gestiegen, was einer Marktkapitalisierung von 68 Mrd. USD entspricht.

Ein Schnäppchen, wird sich der eine oder andere sagen, der ARM als essentiellen Partner in Sachen Künstlicher Intelligenz bei Nvidia sieht. Dennoch würde ich erst einmal abwarten, bis sich einige Problembereiche lösen, bevor ich dieses Juwel in mein Portfolio hole. Ja, das Unternehmen ist ein Juwel, doch die Aktie derzeit nicht. Mir missfallen mehrere Umstände.

1. ARM Holding und das China-Dilemma: Zwischen Lizenzgebühren und Kontrollverlust

ARM Holding entwickelt Chip-Designs und lässt sich diese patentieren. Die meisten Chips dieser Welt beruhen auf Designs von ARM Holding, Unternehmen wie Apple, Nvidia oder AMD zahlen Lizenzgebühren an ARM. Ein Viertel des Konzernumsatzes wird in China erwirtschaftet. Doch ARM Holding ist nicht in China aktiv, dort agiert ein Tochterunternehmen namens ARM China. Der Grund dafür, dort mit einem Tochterunternehmen zu agieren, liegt in den strengen Vorschriften Chinas für ausländische Unternehmen. Viele große Konzerne, die mit ihren weltweiten Vertretungen chinesische Vorgaben in Sachen Zensur etc. nicht umsetzen wollen, haben Joint Ventures und Tochtergesellschaften. Dadurch kann man den chinesischen Markt bearbeiten, wenn's jedoch heiß wird, hat man wenig Kontrolle über die chinesische Tochter.

ARM China war ein Wiederverkäufer der Lizenzen von ARM Holding. Lizenzen und Geld wurden eins zu eins durchgereicht. Doch um unangenehmen Fragen im Rahmen des Börsengangs vorzubeugen, verkaufte ARM Holding vor wenigen Wochen die chinesische Tochter ARM China an die eigene Mutter Softbank zu einem Preis, der anteilig einer Bewertung von ARM Holding von 64 Mrd. USD entsprach. ARM China wurde also höher bewertet als ARM Holding. Da es sich um ein Geschäft innerhalb eines Konzerns handelt, hat das so ein Geschmäckle. Doch schlimmer als das Geschmäckle ist das Resultat: ARM Holding hat nun gar keine Kontrolle mehr über ARM China.

2. Softbank behält Kontrolle: 90% der ARM-Aktien gesperrt nach Börsendebüt

Der zweite Punkt, der mir missfällt, ist die Salamitaktik beim Börsengang. Nur 10% der ausstehenden Aktien wurden in den Handel gegeben, die verbleibenden 90% befinden sich weiterhin im Besitz der Softbank. Die 90% sind für 180 Tage gesperrt. Das heißt, in den kommenden sechs Monaten bleibt die Zahl der ausstehenden Aktien im Streubesitz mit 10% sehr gering. Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass Apple, Alphabet und Nvidia und einige andere Tech-Unternehmen Berichten zufolge 15% der IPO-Aktien als strategisches Investment gekauft haben, wird der Handel mit Aktien sehr dünn sein. Weniger als 6 Mrd. USD dieses Konzerns können gehandelt werden.

3. Bewertungsbedenken bei ARM: Ein KGV von über 100 trotz rückläufigem Gewinn

Der dritte Punkt, der mir missfällt, ist die Bewertung. Der Nettogewinn lag zuletzt bei 512 Mio. USD, damit liegt das KGV bei über 100. Nun springt der Gewinn derzeit aber nicht an, sondern ist zuletzt sogar rückläufig. Da finde ich die Bewertung doch recht abenteuerlich.

ARM's Börsenprognose: Zwischen KI-Hype und dem Damoklesschwert der Softbank-Platzierung

Wenn ich die drei Kritikpunkte zusammenfasse, dann stelle ich fest, dass die zu erwartende Kursentwicklung nicht in unserer Hand und auch nicht in der Hand der Anleger liegt. Der geringe Streubesitz einer der besten KI-Aktien kann dazu führen, dass die Aktie abhebt. Doch die zu erwartende Platzierung weiterer Aktien aus dem Bestand der Softbank in einem halben Jahr wird irgendwann wie ein Damoklesschwert auf dem Kurs liegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein IPO einen Hype auslöst, der anschließend von einer Ernüchterung gefolgt wird. Ich könnte mir also vorstellen, dass langfristig orientierte Anleger die Aktie zu einem späteren Zeitpunkt deutlich günstiger bekommen werden.

Ich behalte ARM im Heibel-Ticker im Blick und berichte zu gegebener Zeit über mögliche Einstiegsmöglichkeiten.

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Stephan Heibel

Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.

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