Immer wieder wird Nvidia als die neue Intel beschrieben. Doch je besser ich die vielen Aktivitäten des Konzerns verstehe, desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass ein Vergleich mit IBM viel besser passt. Intel hat die IBM-Technologie dezentralisiert, in die Wohnzimmer gebracht. Aber IBM war es, die durch die Kombination von leistungsfähiger Hardware und entsprechender Software neue Anwendungen ermöglichte.
Nvidia hat eine komplett neue IT-Infrastruktur geschaffen. Das sequentielle Abarbeiten von Aufgaben, bei der ein herkömmlicher Prozessor sich 95% der Zeit langweilt, wird durch die parallele Bearbeitung komplexer Aufgaben abgelöst. Effizienzsteigerungen in der IT-Entwicklung wie vor 50 Jahren sind die Folge. Letzte Woche stellte Huang den neuen Prozessor namens Blackwell vor, der weniger eine Graphikkarte als vielmehr eine IT-Plattform darstellt. Die Rechenleistung seines Vorgängers, der H100, wird verfünffacht (je nach Anwendungsfall), der Energieverbrauch wird verringert. Die Kosten von 30-40T€ seien geringer als die Kosten für allein die Verkabelung, die notwendig sei, die bisher leistungsstärksten Chips für eine vergleichbare Leistung zu verknüpfen.
Es gibt eine kritische Masse an Daten, die erforderlich ist, um eine KI zu trainieren, damit die Large Language Models (LLMs) sinnvolle Antworten geben können. Möchte man derzeit ein LLM trainieren und stellt die dafür erforderlichen Daten zur Verfügung, brauchen die heutigen Rechner ca. 6-9 Monate, um mit genügend Iterationen ein Lernniveau erreicht zu haben, das Chat-GPT 4 entspricht. Mit Blackwell kann diese Zeit auf 6-8 Wochen reduziert werden. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Stromkosten.
Abschließend nennt Huang eine Reihe von Partnern, mit denen er gerne und gut zusammenarbeite. Allen voran wurde Michael Dell gleich zweimal genannt und einmal schwenkte sogar die Kamera auf ihn, denn er saß im Publikum. Dell hat sich voll auf die Ausstattung von Rechenzentren mit Nvidia-Technologie konzentriert.
Aber auch zwei deutsche Unternehmen wurden prominent vorgestellt: SAP und Siemens.
SAP verfüge über den größten Datenschatz unserer Wirtschaft weltweit, da SAP-Software quasi der Standard bei Unternehmenssoftware sei. Mit Hilfe von SAP kann die KI dahingehend trainiert werden, komplexe Zusammenhänge zu erkennen. SAP kann als Partner von Nvidia die entsprechende KI anbieten, mit der Unternehmen, also SAP-Kunden, bessere Analysen erstellen können.
Für Siemens hat CEO Dr. Roland Busch einen Bericht mit typisch deutschem Akzent vertont und auf Genglich erklärt, wie ein digitaler Zwilling eines im Bau befindlichen Containerschiffs frühzeitig auf Probleme hinweisen kann, die von den betroffenen Abteilungen frühzeitig und gemeinschaftlich bearbeitet werden. Reibungsverluste zwischen verschiedenen Abteilungen, Zeitverluste und andere Ineffizienzen gehören damit der Vergangenheit an.
Bei der Pharmaforschung kann die KI helfen, die Funktion einzelner Proteine besser zu verstehen und ggfls. neue Proteine gezielt zu entwickeln. Dadurch kann die Forschungszeit deutlich verringert werden.
Bei der Chipentwicklung, auch dieses Beispiel ließ sich Huang nicht nehmen, nutze man die KI intensiv, um eine Fertigungsanlage bereits während der Chip-Entwicklung zu konzipieren und als digitalen Zwilling (siehe Siemens) herzustellen. Die Bauzeit für eine neue Chipfabrik kann dadurch halbiert werden.
All dies gipfelte eigentlich in zwei Roboter, die Star Wars entsprungen zu sein schienen und plötzlich über die Bühne wackelten. Sie befolgten umgehend die Wünsche von Huang: Komm zu mir, geh mal darüber, komm, lass und die Bühne verlassen... Eingabemedien wie Tastatur und Maus würden schon bald der Vergangenheit angehören, so Huang. Sie seien eine vorübergehende Erscheinung der Evolution. Schon heute sind Schreibmaschinen nur noch in Antiquitätengeschäften verfügbar. Künftig werde man einfach mit der KI sprechen.
Ich sehe dies als Vorgeschmack dafür, was uns die kommenden Monate erwartet: Die Welt wird sich ein wenig schneller drehen, Gewissheiten werden negiert, neue Möglichkeiten werden aufkommen und neue Geschäftsmodelle werden kreiert.
Ich höre übrigens, dass rund 50 KI-Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von jeweils mehreren hundert Mio. USD auf ihren Börsengang warten. Insofern gibt es vielleicht ein paar Parallelen zur Internetblase 2000. Aber warten wir mal ab. Noch befinden wir uns dieser Analogie zufolge noch im Jahr 1998, haben also noch ein wenig Zeit, an einem möglichen Börsenhype zu partizipieren.
Ich werde in meinem Heibel-Ticker Börsenbrief weiterhin über Entwicklungen und Investmentchancen für gute Einstiegskurse und auch Ausstiegskurse zur Realisierung von Gewinnen berichten.
Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.
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