Ich habe mir mal angeschaut, wer die Haupttreiber der Inflation sind.
1. Immobilien sind derzeit die Hauptverursacher der Inflation: Häuserpreise und Wohnungsmieten fließen dort hinein. Seit Jahren, Jahrzehnten herrscht ein Wohnungsmangel in den meisten Großstädten Deutschlands. Der Zustrom von Flüchtlingen hat die Situation am unteren Ende der Preiskategorien verschärft. Mietpreisdeckel, Konjunktursorgen und steigende Inflationsraten sorgen dafür, dass die Bautätigkeit deutlich zurückgeht. Aktuell beträgt die Inflationsrate in diesem Bereich 17,7%. Eine wirkliche Entlastung ist an diesem Markt nicht in Sicht.
2. Der Transportsektor ist aktuell mit 12,7% der zweitgrößte Inflationstreiber: Autos, Flüge, Schiffe und Bahntickets. Insbesondere die Verkaufspreise für Neuwagen sind angesprungen. Das hat zwei Gründe: Zum einen haben die Autobauer aufgrund der Chipknappheit eher die großen als die kleinen Autos gebaut. Dort ist die Gewinnmarge größer und die Kunden sind nicht so preissensitiv. Zum anderen sorgte das dadurch verknappte Angebot dafür, dass kaum noch Preisnachlässe gegeben werden mussten, um die wenigen produzierten Autos verkaufen zu können.
Wenngleich immer neue Lockdowns in China die Automobilbranche immer wieder vor neue Herausforderungen stellt, so hat man sich doch langsam auf die neue Situation eingestellt, Lagerbestände erhöht und alternative Lieferanten gefunden. Zumindest bei Neuwagen mit Verbrennermotoren dürfte die Knappheit ein Ende haben. Bei Elektrofahrzeugen hingegen sind Batterien der Flaschenhals, der den Preis weiter in die Höhe treiben könnte.
3. Der Ölpreis geht in so ziemlich alle Branchen unserer Gesellschaft ein. Vor einem Jahr notierte der Ölpreis noch bei 60 USD/Fass. Ende 2021 begann der Preisanstieg, der im März seinen Höhepunkt bei 131 USD/Fass fand. Mit aktuell 89 USD/Fass scheinen wir das Schlimmste vorerst überstanden zu haben. Doch günstig ist das Öl noch nicht, immerhin notiert der Preis noch immer um 50% höher als vor einem Jahr.
4. Nahrungsmittel waren im Preis stark angestiegen. An den Nahrungsmittelbörsen sind die Preise für Getreide und Fleisch jedoch bereits wieder stark zurück gekommen. Lebensmittelhändler haben ihre Preise erhöht und es ist fraglich, ob die notorisch unter hauchdünnen Margen leidende Branche die Preiserhöhungen einfach wieder zurück nehmen wird. Aktuell liegt die Inflationsrate in diesem Bereich bei 11,5%.
5. Löhne und Gehälter sind nicht Bestandteil des Warenkorbs und haben daher keinen direkten, sondern nur einen indirekten Einfluss auf die Inflation. Wenn Löhne und Gehälter steigen, haben die Menschen mehr Geld im Portemonnaie und können höhere Preise verkraften. Bislang gab es noch keine nennenswerten Lohnabschlüsse, auf dem Arbeitsmarkt sind jedoch bereits für Neueinstellungen ordentliche Steigerungen zu sehen. Löhne und Gehälter sind nicht der Ursprung der Inflation, können aber zu einem wesentlichen Treiber und Verstärker werden.
6. Lieferkettenprobleme habe ich weiter oben schon angesprochen, sie treffen aber nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch viele andere produzierende Branchen bis hin zu Endprodukten. Die Knappheit vieler Güter führt dazu, dass Preisnachlässe in unserer Gesellschaft derzeit kaum mehr zu sehen sind. Vielmehr kauft man derzeit eher früher, als eine Preiserhöhung zu riskieren. Hier ist das Hauptproblem in China und der dortigen Null-Covid-Politik zu sehen. Immer neue Lockdowns verhindern das Einschwingen der Lieferketten, die durch die Corona-Pandemie gestört wurden.
Wie an dieser Stelle bereits häufiger betont: Die meisten Preistreiber dürften sich kurzfristig abkühlen. Die nächsten Tarifverhandlungen könnten dann jedoch für einen weiteren Inflationsschub sorgen, der nach einer mehrmonatigen Abkühlungsphase dann eintreten würde. Mehr dazu in meinem Artikel über den Bullwhip-Effekt:
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