Liebe Börsenfreunde,
Putin strebt eine Neuordnung der Sicherheitsstruktur Europas an. Seine Unzufriedenheit mit den Entwicklungen der vergangenen Jahre ist nachvollziehbar, die Nato-Osterweiterung kann ihm nicht gefallen haben. Der Weg, den er nun beschritten hat, gleicht dem eines angeschossenen Muttertiers: Er mobilisiert die letzten Kräfte und versucht zu sichern, was noch zu sichern ist: Die Ukraine.
Der Westen, insbesondere die USA, haben ihn – vorsätzlich oder fahrlässig – in diese Situation gedrängt. Die diplomatischen Wege haben sich erschöpft, nun hat Putin die Einladung des Westens angenommen und erobert die Ukraine militärisch. Einladung? Ja, denn bei jeder Gelegenheit wurde betont, dass die Nato keinen militärischen Auftrag in dem Nicht- Natomitglied Ukraine habe.
So leid es mir um die Bevölkerung der Ukraine tut, so sehr müssen wir daher aktuell hoffen, dass die Eroberung der Ukraine binnen weniger Tage abgeschlossen sein wird. Im Anschluss würde es Verhandlungen mit neuen Machtverhältnissen geben.
Vorbörslich war der DAX kurzzeitig auf 13.800 Punkte gefallen. Damit betrug das Minus vom Hoch bei 16.200 Punkten Anfang Januar 15%. Wir befinden uns damit in einer nicht seltenen Korrektur der Rallye, die seit dem Coronacrash läuft.
Rücksetzer von 7-8% passieren im Rahmen einer Rallye regelmäßig und sind meist nichts weiter als technische Bereinigungen. Eine Korrektur von 15% ist aber auch jedem, der nicht erst seit dem Coronacrash an der Börse unterwegs ist, geläufig.
In der Regel bieten solche Korrekturen gute Einstiegsgelegenheiten. Gesunde Unternehmen mit „kaputten“ Aktienkursen lassen sich günstig einsammeln.
Größere Korrekturen als 15% sind sehr selten: Das Platzen der Internetblase nach der Jahrtausendwende, der Immobliencrash 2008, die Schuldenkrise 2011, die China-Krise 2015 (gepaart mit der Euro-Krise) und schließlich der Coronacrash 2020.
Mit Ausnahme der Krisen von 2001 und 2008 waren alle Rücksetzer sehr kurzlebig. Spätestens nach einem Jahr waren die alten Hochs wieder erreicht. Wir müssen nun beurteilen, was uns diesmal erwartet.
Der Westen wird nun heftige Sanktionen verhängen. Der Ölpreis ist heute früh bereits über 100 USD/Fass gesprungen. Die Weltwirtschaft wird in Mitleidenschaft gezogen. Aber ich glaube, dieser Effekt ist mit dem Abtauchen auf 13.800 Punkte bereits in den Kursen berücksichtigt.
Für ein noch stärkeres Einbrechen der Aktienmärkte müsste es weitere Überraschungen geben. Beispielsweise wenn sich die Ukraine stärker zur Wehr setzt, als erwartet. Bislang ist davon nicht viel zu sehen.
Daher gehe ich derzeit davon aus, dass es zum Verkaufen nun zu spät ist. Der DAX war heute nur vorbörslich bei 13.800 Punkten. Ich würde erwarten, dass dieses Niveau auch während des regulären Börsenhandels zu den Öffnungszeiten der Aktienmärkte nochmals angelaufen wird.
Ich mache mich nun an die Arbeit und suche Aktien heraus, die möglichst wenig von der neuen geopolitischen Situation betroffen sind. Für diese Titel werde ich wieder die bewährte Einkaufsliste mit Wunschpreisen erarbeiten, damit wir in den kommenden Tagen wissen, was wir tun können.
Mich ärgert es natürlich, dass wir nicht mehr Cash im Portfolio generiert haben. Irgendwie waren die Erholungen, die ich zum Verkauf hätte nutzen müssen, im Nachhinein betrachtet zu kurz. Daher möchte ich Ihnen nun noch eine Idee mit auf den Weg geben, die eigentlich nicht in unser Portfolio passt: Ich schaue derzeit, wo ich noch überschüssige Liquidität liegen habe, die ich in den kommenden Tagen investieren kann. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, das Engagement an den Aktienmärkten zu erhöhen.
Noch zur Marke 13.800: Ich bin kein Charttechniker und lege mich daher nicht auf bestimmte Marken fest. Mag also sein, dass der DAX noch auf 13.750 oder gar 13.500 fällt. Bei den starken Schwankungen, die wir derzeit erleben, ist das für uns jedoch nebensächlich: Auf Sicht von Monaten dürfte der DAX wieder deutlich höher notieren.
Take Share,
Ihr Börsenschreibel
Stephan Heibel
Chefredakteur und Herausgeber des Heibel-Ticker
Empfehlungen gibt es demnächst im Heibel-Ticker Börsenbrief.
Seit 1998 verfolge ich mit Begeisterung die US- und europäischen Aktienmärkte. Ich schreibe nun wöchentlich für mehr als 25.000 Leser über die Hintergründe des Aktienmarktes und die Ursachen von Kursbewegungen. Meine Leser schätzen meinen neutralen, simplen und unterhaltsamen Stil. Als Privatanleger nutzen sie meine Einschätzungen und Anlageideen, um ihr Portfolio unabhängig zu optimieren.
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